Der menschliche Maskenball- Wie Angst und Selbstzweifel die Welt regieren

Artwork by Yuri Shwedoff
Artwork by Yuri Shwedoff

Oft heißt es in spirituellen Kreisen, das Grundproblem der Menschen sei die Trennung. Ich hier- da die anderen. Und da ist sicherlich auch einiges dran, keine Frage. Allerdings ist Trennung im Sinne von der Fähigkeit zur Unterscheidung durchaus auch ein nützliches, wenn nicht gar notwendiges Tool um hier, in dieser Welt, diesem Traum überhaupt navigieren zu können. Wenn ich nicht weiß, dass die Hand auf der Herdplatte nebst fiesen Schmerzen, meine Hand und mein Schmerz ist, gibt es nicht unbedingt einen Grund dazu, sie vielleicht bald mal da weg zu ziehen. Leuchtet ein, oder?

 

 

Wenn ich nicht weiß, dass der rote Pilz mit den weißen Punkten im Gegensatz zu dem unscheinbaren braunen giftig ist- na denn Mahlzeit. Simpel gesagt: Grundlage jedweder vernünftigen Unterscheidungsfähigkeit ist das Gefühl der Trennung- ich hier, da die Welt. Und die Fähigkeit Unterschiede zu erkennen ist wiederum die Grundlage, um Beurteilungen vorzunehmen. Und ja, liebe denk-feindliche, konflikt-vermeidende Waldorf-Kuschelkurs-Faschisten: Beurteilungen sind verdammt oft verdammt sinnvoll. Mitunter sogar lebenserhaltend. Und dabei klammere ich natürlich Unfug wie die Frage, ob nun das pinkfarbene Shirt hipper is als das grüne, explizit aus- sollte aber überflüssig zu erwähnen sein, eigentlich.

 

Halten wir also fest: die Dosis macht das Gift und zu einem gerüttelt Maß ist Trennung, Unterscheidung und Beurteilung einfach notwendiger Bestandteil des Lebens.

 

Fun fact am Rande: All diese Fähigkeiten braucht man sogar fürs Erwachen- kling vielleicht komisch, is aber so. Erwachen ist in großen Teilen eine Sortierarbeit- dazu muss man beurteilen und somit auch unterscheiden können. Alles was Falschheit ist muss weg. Der Rest (den's nicht gibt) kann bleiben. Und dabei ganz wichtig ist die Fähigkeit zu trennen. Zum Beispiel wenn es darum geht die Macht des Denkens, was jede direkte Erfahrung überschreibt und sich aneignet, aufzudecken.

 

Die letzte Trennung vor deren Wegfall ist die Trennung in Beobachter vs. Der ganze Rest. Dann macht's irgendwann BAM und alles is ne Wolke. Einfach, aber nicht leicht, wie Jed McKenna immer so schön sagt bzw. schreibt. Yo- und da stellt sich dann konsequenterweise die Frage: Wenn die genannten Dinge gar nicht wirklich das eigentliche Problem sind, sondern Teil der Lösung- was ist denn dann eigentlich das Problem- sowohl in Bezug auf's Erwachen, als auch in Bezug auf die gesamte Menschheit?

 

Ich sage, es ist die Unfähigkeit zur Wahrhaftigkeit.

 

Dies ist der Mangel: Es ist der, in so gut wie allen Menschen kellertief vergrabene, Selbstzweifel, der zu Unaufrichtigkeit, Manipulation, Kontrollversuchen, Pseudokontakt und in der Summe zu einer riesigen, tragikomischen Maskerade führt.

 

 

 

In meiner Arbeit als spiritueller Scout begegnen mir die unterschiedlichsten Menschen, mit den unterschiedlichsten Lebensgeschichten- unmöglich, sie alle über einen Kamm zu scheren- wobei: Nur fast unmöglich! Denn je tiefer all diese tapferen Wanderer in ihre inneren Katakomben vordringen, umso ähnlicher wird, was sie dort finden. Und ich behaupte nach meinem bisherigen Kenntnisstand, allen gemein ist ein tief verwurzelter Selbstzweifel. Eine ganz tief sitzende Grundüberzeugung, die simpel gesagt lautet:

 

I'm not ok.

 

Ich bin falsch.

 

Und zwar grundsätzlich.

 

 

Das ist die Basis. Darauf wächst dann natürlich bei jedem etwas leicht anderes. Sachen wie:

 

So, wie ich wahrhaft bin, darf mich niemand anderes sehn, denn dann:

 

  • wird mich niemand lieben

  • werde ich mich nicht lieben

  • werden andere glauben, dass ich sie nicht liebe

 

 

Und dann werde ich in der Folge:

 

  • verstoßen

  • ausgelacht

  • abgewertet

  • bestraft

  • nicht für voll genommen

  • sterben

  • ...

 

 

 

Nicht dazu zu gehören, keine Wertschätzung oder gar Liebe zu erfahren ist für fast alles Menschen ein extrem bedrohliches Szenario- in der Regel auch und gerade für die, die von sich behaupten, nichts und niemanden zu brauchen (erwachte Eremiten oder nur Erwachte oder nur Eremiten mal ausgenommen, vor allem dann, wenn diese grundsätzlich extrovertiert und nicht introvertiert sind).

 

 

 

Dass das so bedrohlich, bis hin zu existenziell bedrohlich ist, hat natürlich seinen Grund. Denn Fakt ist: Als Neugeborene oder auch noch etliche Jahre danach würden wir ohne Zuwendung schlichtweg verrecken. Wenn wir sehr alt oder krank sind ebenso. Und in der Welt, wie sie heute ist natürlich auch- oder, was machstn, wenn ab morgen die Supermärkte leer sind? Kreditkarte fressen? Und auch in früheren Zeiten usw.- is klar nech? Gut.

 

 

 

Also, schaun wir uns mal genauer an, was da eigentlich passiert, an dem Punkt bzw. in dem Zeitraum, wo der Selbstzweifel gesät wird. Dazu fang ich noch eins weiter vorne, nämlich bei der Trennung an. Ich hab keine Ahnung, woran das liegt- aber ich erinnere mich an diesen Moment, als die Trennung geschah. Wie ein inverses Erdbeben oder sowas- wie Öl und Essig sich voneinander trennen, gab es und da muss ich noch sehr klein gewesen sein, diesen Moment. Ich stand vor einem Schrank mit Spiegel und- MAB (Bam umgekehrt, denn genau so fühlte es sich an)- auf einmal war mir klar: Wow- dass da bin ich und das andere da ist die Welt. Ich hab das ziemlich sicher nicht so als bewussten Gedanken gehabt- aber ich erinnere mich noch, als wär es gestern gewesen an das Gefühl- ja quasi den Sinneseindruck dieser Einsicht. Das war schon wirklich sehr erstaunlich und auch Ehrfurcht gebietend, diese Erkenntnis. Diese soo große, große Welt und darin ich sooo klitzeklitzeklein- Hammer. Aber ernsthaft schlimm war es nicht- nein. Ich glaub es ist eher vergleichbar mit dem Gefühl und auch Geräusch, wenn man zum ersten Mal im Grand Canyon steht und staunend hörbar Luft holt. So, das war also der Moment, wo es zur Trennung kam. Und das war wie gesagt, so wie ich das erinnere nicht unbedingt schlimm, sondern eher erstaunlich und beeindruckend.

 

 

 

Einer der Momente unter vielen, der zum Selbstzweifel, zum Gefühl nicht ok zu sein führte, fand interessanterweise wieder vor genau diesem Spiegel statt und war mit Sicherheit ne ganze Weile später. Da zappelte und tanzte ich mit ner Bürste als Mikrophon-Ersatz vorm Spiegel herum und sang meine eigene Version von 'Vamos a la playa'. Also natürlich irgendein Fantasie-Kauderwelsch, denn 1983, als das Lied raus kam, war ich erst 7 und konnte kein Spanisch. Ich war also voll drin, hab voll abgehottet und rumgespackt. Was ein Kind in dem Alter halt so macht, wenn es tief in was auch immer für ein Spiel versunken ist.

Und dann wurde ich brutal heraus gerissen, durch meinen Vater, der hereingeplatzt kam und irgendwas in den Raum blaffte von wegen: „WasndasfürnAffentheater- hörmitderScheißeaufgibtEssen-ichglaubDubistHirnschlecht!!!!“

 

(Anmerkung: Der Ausdruck 'Hirnschlecht' heißt eigentlich in breitem Hessisch ausgesprochen: 'herrnschläääscht' und kommt so auch lautmalerisch viel besser an die Bedeutung ran.)

 

 

 

So aufgeschrieben ist das natürlich alles irgendwie witzig, soll ja auch so. Und mein Papa ist auch kein Ungeheuer. Dennoch: Ich weiß noch verdammt gut, wie mich das zutiefst beschämte und verletzt hat. Ich war einfach nur so, wie ich halt grade war- unverstellt, ausgelassen- ja verdammte Axt: Frei. Frei im Ausdruck, frei von Angst- einfach ich halt.

Und dann kommt da dieser große, mächtige, über alles geliebte Mensch rein und gibt mir mit einem Schlag das Gefühl, was total Schlimmes, Dummes, Falsches gemacht zu haben.

 

I'm not ok.

 

Not at all!

 

Zack.

 

Heiße Scham, innerliches Zusammenschrumpeln, tiefe Verunsicherung, wo eben noch die pure Daseins-Freude und Lebendigkeit war...

 

 

 

Natürlich reicht nicht ein so'n eigentlich recht triviales Ereignis für nen psychischen Knacks auf Lebenszeit aus, aber gesessen hat das schon, die Verbal-Schelle.

 

Und so geht das uns allen, behaupte ich und es bleibt auch in der Regel nicht bei einem Event dieser Art. Manche armen Schweine erleben ein oder zwei richtig krasse Dinger- andere erleben hundert, vielleicht gar tausend kleine solcher Dinger. Das Ergebnis ist oft nahezu identisch, wobei es natürlich hinsichtlich der schambesetzten, gehemmten Bereiche Variationen gibt.

 

 

Es gibt ja den schönen Spruch: Kindermund tut Wahrheit kund.

Der zweite Teil des Spruchs wird aber in der Regel verschwiegen und lautet: Leider will die Wahrheit keine Sau hören!

 

In der Hinsicht hatte ich sogar Glück- vielleicht hatte ich deshalb auch noch nie Probleme damit, mein Maul auf zu machen und auch unangenehme Dinge auszusprechen, wer weiß? Um das zu illustrieren noch ne kleine Anekdote: Ich hörte eines Tages, wie mein Papa sich lautstark darüber beschwerte, dass ein Mannschaftskollege aus seinem Sportverein, ein Brandloch in den Autositz gemacht hatte. Das ging dann in Etwa so: Der Schmidtke, die alte Sau, zu dumm den Ascher zu treffen usw. Beim Essen im Vereinsheim nach dem nächsten Tunier klein-Egobuster also unverblümt hin zu Schmitdke und so: „Duhu, Schmidtke- Du bist ne alte Sau!“

 

Alle gucken verdutzt, aber nicht erschrocken oder böse. Auf Nachfrage hin hab ich das dann erklärt, wieso der Papa das sagte und dann brachen alle in Gelächter aus. Yo, da hab ich wohl echt Glück gehabt, sag ich mal. Kannst das ja mal mit Dir in meiner Rolle und nem netten Kaffeekränzchen und Tante Hildegard, der alten Spinatwachtel, durchspielen und überlegen, wie da der Ausgang gewesen wäre...

 

Oder wenn Du vielleicht Oma Dorothee nicht küssen mochtest, weil die immer so komisch riecht, oderoderoder...

 

Was passiert in so einem Moment, wenn's blöd läuft? Das kleine, unschuldige, aufrichtige, wahrhaftige Wesen, was in keinem der Fälle irgendetwas böses oder hinterhältiges im Sinne hat, bekommt wieder und wieder die Nachricht: Nein- sowas macht man nicht!

Nein, so wie Du bist, wenn Du Du bist, bist Du NICHT ok! Wenn Du so bist, wie Du wahrhaft bist, sind alle andern böse mit Dir oder schockiert über Dich oder haben Dich nicht mehr lieb oder geben Dir das Gefühl, dass Du böse bist- ein wahres Ungeheuer gar.

Kennst Du die entsetzten Gesichter noch, die Dich in solchen Momenten anstarrten, als wärst Du der leibhaftige Beelzebub?

 

So, und dann überleg mal weiter, was das wohl so mit einem macht, wenn man noch klein ist. Ein recht kleines Kind ist selbstverständlich nicht in der Lage, einfach mal zu sagen,: „Hey Leute, chillt mal, Onkel Eckhart hat halt nunmal nen Alkoholproblem und schmeißt am Ende jeder Feier mindestens drei Gläser um- da kann ich nix für- ich weise nur drauf hin! Ich hab die Kuh nicht aufs Eis gestellt- ich sag nur, da ist eine!“

 

Und weil das ein kleines Kind nicht kann und es so furchtbar weh tut, bis tief ins Herz rein sticht, solche Reaktionen aufgrund von Wahrhaftigkeit zu erhalten, begeht es Hochverrat in seiner Not. Hochverrat an sich selbst, mit Selbst an dieser Stelle im besten reinsten, ego-losesten Sinne. Vielleicht spürt es irgendwie da ist was faul- aber es wird in aller Regel nicht die Möglichkeiten haben, sich zu widersetzen.

Also wird- unbewusst natürlich- geschlussfolgert: Das was faul ist, ist wohl mein Gefühl- bin wohl ich! Um die kognitive Dissonanz, den inneren Konflikt zu befrieden, verlässt das Kind also sich selbst, zu Gunsten dieser in aller Regel furchtbar verkorksten Außenwelt. Es beginnt sich anzupassen und damit verrät es sein Innerstes und wenn's ganz scheiße läuft wird aus einem gestörten Kontakt zu sich selbst mit der Zeit gar ein völliger Kontaktabbruch.

 

Das ist das Ende der Unschuld, das Ende der Wahrhaftigkeit und Reinheit.

 

Und der Beginn der Lebenslüge.

 

Der Beginn unserer Teilnahme an der großen Scharade, am Versteckspiel.

 

Statt unseren Peinigern den Stinkefinger zu zeigen, wie es eigentlich sinnvoll und angemessen wäre, übernehmen wir deren Perspektive und zeigen uns selbst damit den Stinkefinger. Und ich glaube, das ist more or less wirklich ganz global das Problem.

 

 

 

Die Menschheit steht seit ner halben Ewigkeit im Bann einer Art von trans-generationalem Stockholm-Syndrom.

 

 

Wir lieben die Täter und verachten das Opfer, notgedrungen und werden in der Folge selbst zu Tätern, produzieren neue Opfer und immer so weiter. Jeder, der wagt daran ernsthafte Kritik zu äußern oder gar völlig aus dem Spiel auszusteigen wird mindestens misstrauisch beäugt- oftmals aber auch schlicht und ergreifend um die Ecke gebracht und sei es 'nur' indem man solche Abweichler wegsperrt.

 

Das Spiel an dessen Anfang der initiale Selbstzweifel und das Negieren des eigenen unbeschwerten Wesenskern stehen, geht dann in etwa so weiter:

 

Wir beginnen nun, Teile von uns Selbst, in harten Fällen gar alles, zu verstecken, zu verneinen und zu verlassen.

 

Diese Teile sterben nicht ab- das ist die gute Nachricht.

 

Aber es fühlt sich so an- das ist die schlechte Nachricht.

 

Und weil sich das so anfühlt, und wir fortan mit Mummenschanz beschäftigt sind und 'wahrhaft-man-selbst -sein' mit tiefgreifenden Ängsten besetzt ist, finden wir nur so schwer zurück zu uns.

 

 

 

Und das wird natürlich durch die andern Mitspieler in dieser Schmierenkomödie auch befördert und meistens sogar gefordert. Denn wir spielen hier tit for tat- ich geb Dir das, Du gibst mir das. Und alle müssen sich an die Spielregeln halten, wer das nicht tut ist ein Spielverderber und Verräter und wird abgestraft in irgendeiner Form.

 

Und das Problem daran ist natürlich: Das Spiel ist einfach total scheiße. Es macht in der Regel niemandem so richtig Freude.

 

Alle sind am verhungern und wie Junkies ständig auf der Suche nach dem nächsten Fix.

 

Und das liegt in der Natur der Sache begründet. Denn es ist ja ganz klar:

Wenn wir über diese manipulativen Wege versuchen Liebe zu erhalten- wie soll das uns erreichen?

 

Ich meine, mach Dir das bitte mal klar: Du spielst andern was vor und die Dir auch. Und alle verstellen und verrenken sich, damit sie schlussendlich dafür, für ihr Schauspiel geliebt werden. Aber das kann doch so gar nicht funktionieren!

 

Wenn Du ne Maske trägst, wird in aller Regel auch nur die gesehen. Menschen sind oberflächlich und kleben an Formen- keine Neuigkeit, oder? Nun sieht also ein anderer Deine schöne, goldglänzende Rüstung und Dein poliertes Visier und Deine toll einstudierten Manieren und findet, wow, hübscher Glücksritter, Du bist! Und wer ist damit gemeint? Natürlich die Form, die Maske, das Kostüm- aber doch keinesfalls DU!

 

Denn Du hast Dich ja gar nicht gezeigt- Du gibt’s Dich ja gar nicht zu erkennen! Daher kannst Du gar nicht gemeint sein. Das ist eigentlich so deutlich, dass es schon fast zum schreien ist, wieso das kaum jemand bemerkt.

 

Fun fact dazu: Das Wort Person stammt aus dem griechischen und bedeutete ursprünglich Maske! Geht zurück auf's Theater im alten Griechenland. Ja leck mich fett!

 

Und wenn der Urgrund der Selbstverleugnung im Innen und der Manipulationsversuche im Außen gleichsam die Kernkonditionierung und damit die Wurzel jedweder 'Person' ist- wie 'persönlich', wie nah an dem, was Du wahrhaft bist, ist denn dann Deine Person überhaupt? Mir deucht so ziemlich gar nicht! Die Person ist bei genauer Betrachtung so ziemlich das unpersönlichste, am wenigstens dem wahren Ich nahe stehende, was es überhaupt nur gibt! Genau so gut kannste Dich mit Deinem Kontostand identifizieren- ach Mist, machen ja auch viele...

 

 

 

Und so kommt es kaum jemals zu echtem Kontakt, zu echter Intimität. Geht ja auch schlecht, wenn alle hinter ihren Teflon-Panzerungen gute Mine zu bösem Spiel machen, nech? Und weil nix, aber auch gar nix von all dem Getue wirklich nach innen dringen kann, es also ne Ersatzbefriedigung ist und nicht nährt- ist das genau wie bei ner Sucht. Ne Sucht ist ein hungriger Geist.

Geister, per Definition ohne Körper unterwegs können nicht fressen- bzw. nix drin behalten. Also fällt all dieser Kram, die ganzen Pseudo-Zuwendungen einfach durch und runter auf den Boden der traurigen Tatsachen. Und so wird immer mehr Kram in sich rein gestopft und nichts davon, einfach gaaar nichts von all dem Schwachsinn kann die Lücke stopfen, den Hunger stillen- einfach weil es das Falsche ist.

 

Aber wir haben das so gelernt- von Kindesbeinen an- und spielen weiter. Und dabei erhalten wir die Illusion der Kontrolle aufrecht.

 

'Wenn ich mich so und so verhalte, kann ich die Reaktion meiner Umgebung damit steuern/kontrollieren/manipulieren. Tu ich das nicht, und bin einfach nur ich selbst, wird es extrem riskant, denn dann weiß ich nicht, wie meine Umgebung auf mich reagiert.'

 

Das letztere ist natürlich richtig- wenn man sich wahrhaft zeigt, macht man sich sozusagen nackig. Und das ist ein Risiko. Aber, der erste Teil ist der pure Wahnsinn, wie ich bereits erörtert habe- und überdies ist er falsch! Denn: Es gibt keine Kontrolle- über gar nix! Fast jeder dürfte die Situation kennen, dass man manchmal an Menschen gerät, bei denen es völlig Hupe ist, was man sagt, wie man es sagt oder sich verhält- alles, wirklich alles was man tut wird bösartig ausgelegt und mit Fiesheiten beantwortet. Geht mir übrigens auch noch immer so- nur lasse ich inzwischen deutlich schneller jedwede Versuche der Richtigstellung oder Erklärung bleiben. Bringt einfach nix. Wenn Dir jemand nicht wohl gesonnen ist, kannst Du selbst daran genau gar nix ändern. Auf Sachebene kann man da, wenn's denn so wichtig ist, was klarstellen- auf der Gefühlsebene hat man null Chance. Ein Kampf gegen Windmühlen ist das- und ich bin froh, dass ich dahingehend mehr und mehr immun werde und mich zunehmend weniger in sowas engagiere. Aber es gibt noch zig andere Beispiele, aus denen klar hervor geht, dass wir eigentlich Null Kontrolle über egal was haben. Menschen, die einen sofort ins Herz schließen, obwohl man, als man sie kennenlernte einen richtig schlechten Tag hatte. Leute, die einen für'n Nazi halten, obwohl man sie lediglich in der U-Bahn freundlich angelächelt hat. Das könnte ich endlos fortsetzen. Und Du sicher auch, oder?

 

 

 

[Anmerkung: Hier würde ich, wenn ich den Artikel als 2-Teiler veröffentlichen würde wohl den ersten Teil enden lassen. Falls Du also eine Lesepause einlegen willst, ist hier ein guter Moment.]

 

 

 

 

 

 

 

                                                                                 ~ ~ ~

 

 

 

 

 

 

 

So. Ich hoffe ich hab das Ausmaß und Zustandekommen der Tragödie einigermaßen deutlich gemacht- nun lass mal gucken, was man dagegen unternehmen kann. Zuvor sei nochmal daran erinnert: Dieser Artikel widmet sich, wie so oft, den Traumcharakteren. Mir ist vollkommen bewusst, dass das on a bigger scale alles ein Furz im Whirlpool des Absoluten ist- und das Absolute liebt Drama, Tragödien und auch Splatterhorror. Das Absolute ist ein gelangweilter TV-Junkie der auf seiner Couch vor sich hin gammelt und den ganzen Scheiß hier träumt- just for fun. Dem ist es gerade recht, wenn's hier richtig schön knallt, das Blut spritzt und Menschen sterben- genauso wie ihm recht ist, wenn Delphine mit Online-Petitionen gerettet werden oder das Egobuster-Püppi sich wegen der menschlichen Tragödie und dem Wahnsinn dieser Welt die Finger mitten in der Nacht wund tippt. Der hat Spaß- an allem! Und ich gönn's ihm- wieso auch nicht- ich bin ja der. Aber eben auch das Püppi. Also mach ich, was in meinem Püppi-Script steht und das ist gerade diesen Artikel hier zu schreiben, mit Leidenschaft und einem vor Güte fast schon überlaufendem Herz. Aus der Perspektive also eh alles fein, so oder so.

 

Also, weil das auch in Kongruenz zu meinem Script ist, nun der zweite Teil, der sich mit der Frage beschäftigt: Was tun?

 

 

 

 

 

Zunächst mal: Anfangen! Wo Du anfängst ist eigentlich egal bzw. auch individuell verschieden. Guck am besten einfach in Deine Rollenbeschreibung und mach, was da drin steht für den nächsten Akt und mach es so gut Du eben kannst. Mehr geht ja eh nicht. Und wenn Du kein totaler Vollidiot bist, geht weniger meistens auch nicht. Also kannste Dich dahingehend schonmal entspannen.

 

 

 

Wenn Du in Deiner Kindheit Glück hattest und nicht ganz so schlimm verkorkst wurdest und wenig Schwierigkeiten damit hast, Du selbst zu sein, Dich nackt, offen, schutzlos und verwundbar zu zeigen und jegliche Ideen, Deine Umwelt in ihren Reaktionen auf Dich kontrollieren zu wollen (oder auch nur zu können!) aufgeben kannst: Hau rein!

 

Mit jedem Mal, wo Du den Mut aufbringst und somit was Sinnvolles aus Deiner Angst machst (denn Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst, sondern etwas TROTZ Angst dennoch zu tun!), wirst Du stärker werden, aufrechter, wahrhaftiger. So kannst Du Reste von Selbstzweifel, von Unaufrichtigkeit quasi durch eine bewusste Verhaltensänderung ausmerzen.

 

In den meisten Fällen gibt es für jeden Menschen solche kleinen, einigermaßen freien Bereiche, wo sie das machen können. Wie bei mir z.B. es nie ein echtes Problem war, offen und laut und von mir aus auch vor großen oder gar sehr großen Gruppen frei zu sprechen- Thema egal. Guck nach, wo Dein freister Bereich ist und bau den aus! Und schau, ob Du im weiteren Verlauf Deine neue Wahrhaftigkeit aus dem Bereich, wo es Dir leicht fällt, in jene Bereiche transferieren kannst, wo es weniger leicht fällt.

 

 

 

Je größer der Hochverrat am eigenen Selbst, je größer natürlich aber auch die Angst, das rückgängig zu machen. Je tiefer der Stachel, umso schwerer ihn heraus zu ziehen. Und wenn die Angst zu groß ist, wird es auch immer unwahrscheinlicher, dass man über seinen Schatten (harr!) springt-oder halt aus seiner Kostümierung. In solchen Fällen oder (Teil)Bereichen geht die Reise eher nach Innen- da bringt ne Intervention rein auf Verhaltensebene wenig- schon allein, weil man es vor lauter Angst gar nicht erst schafft, das andere Verhalten umzusetzen. Da ist dann 'reverse engineering' angesagt. Innere Arbeit. Alle Schichten der Hemmungen und Blockaden und manipulativen Strategien, die man selbst anwendet und auch, die bei einem selbst vom Außen immer wirkungsvoll eingesetzt werden, müssen nach und nach durchdrungen werden.

Beginnen kann man da mit einer Selbstbeobachtung. Das überhaupt erst mal alles bemerken. Große Scheiße-Inventur, sozusagen.

Oh, ah, ich werde rot, ich schau unsicher zu Boden, ich fühl mich klein und unfrei, dies jenes, trullala. Alles penibel genau bemerken- erkennen! Die dazugehörigen Gefühle wahrnehmen- und natürlich auch die Gedanken!

Was werden wohl die Leute denken, wenn ich... blabblub. Kann ich so vor die Tür gehen? Hab ich jetzt zu laut gelacht? War das angemessen? Bin ich peinlich, ab 3 Gläsern Sekt? Oder schon nach ner Tasse Kaffee?

 

All so'n Kram hängt damit zusammen. Natürlich auch und besonders in Beziehungen.

 

„Ich blas ihm jetzt einen, hab zwar echt keinen Bock gerade aber danach bekomm ich dann sicher die lang versprochene Fuss-Massage...“

 

„Ich hör meiner Freundin jetzt halt noch weitere drei Stunden lang zu, auch wenn ich schon aus den Ohren blute... Aber ich muss das machen oder wenigstens so tun, weil als ich mich damals von Horst/Paul/Eberhard getrennt hab, da hat sie das ja auch gemacht! Passt mir zwar heute echt gar nicht, weil ich noch Arbeit aus dem Büro mit Heim genommen habe und ich hör ihr ja grad auch nicht zu, weil ich ja eigentlich grad diesen Gedanken nachhänge- aber hey, einfach in unregelmäßigen Abständen verständnisvoll gucken, nicken und hmh, mmhhhm, machen krieg ich schon hin.“

 

All dieser ganze Scheiß muss auf den Tisch, Ihr Lieben!

 

Und dann stelle Dir die Gretchenfrage, wenn Du auf was irgendwie relevantes stößt, Dich mal wieder unfrei und gefangen fühlst und beim Mitspielen erwischst: Woran erinnert mich das? Womit hat das hier gerade, diese Situation was zu tun? Und dann warte ab.

 

Du stellst die Frage mit dem Verstand- völlig klar. Aber die Antwort- die generiere mal nicht dem Verstand- stattdessen warte, was kommt! Lass dein Unterbewusstsein den Job machen- dafür isses nämlich perfekt geeignet! Mit ein bisschen Glück, vielleicht auch Übung, wird es Dir sozusagen Suchergebnisse ausspucken. Und dann wird’s richtig spannend- das ist ein Teil meiner Arbeit, den ich richtig geil finde. Jetzt geht nämlich die Kniffelei los, die Detektivarbeit.

 

Du erhältst also bruchstückhafte Indizien aus dem Unterbewusstsein. Und die erscheinen Dir in der Regel zunächst mal völlig unsinnig. Wenn ich sowas mit meinen Auftraggebern mache kommt oft einleitend: „Also ich hab jetzt echt keine Ahnung, was das mit dem Thema zu tun haben soll, aber mir fällt gerade wieder ein...“

 

Wenn's so los geht, weiß ich schon, das wird passen, was da jetzt kommt- wir wissen nur noch nicht wie. Oft weiß ich es, sobald derjenige es ausgesprochen hat- meistens ist dann die Arbeit, den Zusammenhang dem anderen verständlich zu machen- eine Skizze anzulegen, damit der Auftraggeber diese dann selbst anfangen kann aus zu staffieren und zu füllen. Manchmal und das ist dann immer ganz besonders cool, weil herausfordernd, weiß ich es aber auch zunächst nicht und dann wird’s echte Detektivarbeit...

 

Jedenfalls kommen dann meistens ne Reihe an solcher Indizien und dann muss man halt den 'Fall' zusammen puzzlen- die Spur zurück verfolgen. Und das Ende der roten Schnur ist dann eben in fast allen Fällen die Sache mit dem Selbstzweifel. Unterwegs dahin muss sehr oft sehr viel jahrelang Verdrängtes an Wut, Schmerz usw. rausgeheult, durchgefühlt und so aus dem System entlassen werden. Wobei das noch viel zu sehr nach Absicht und dieser völlig überholten Katharsis-Scheiße aus der Psychoanalyse klingt (letztere Theorie von wegen Katharsis ist übrigens seit Mitte der 80er mit großer Übereinstimmung der Fachwelt als unzutreffend erkannt worden-es ist mir ein Rätsel, wie es sein kann, dass viele Therapeuten/Psychoanalytiker bis heute noch so einen Scheiß predigen. mein Tipp an diese Fraktion: Guckt doch vielleicht mal wieder in ein Lehrbuch, könnte helfen!).

 

Was ich hingegen meine, ist etwas jenseits von Verdrängung, Wegerklären und/oder Ausagieren (Katharsis). Nämlich:

 

Die Sache mit den alten Gefühlen aus sich raus wabern lassen- die passiert durch die Rückabwicklung der Misere. Das ist quasi ein Symptom der Einsichten, der Arbeit des Rückbaus. Man könnte sagen: Je mehr Du 'abrüstest' und den kalten Krieg innerhalb von Dir, sowie zwischen Dir und der restlichen Welt beendest- umso wärmer wird es. Da kommt es dann auch mal zu nem Gewitter, nem Vulkanausbruch oder Sturzbach-artigen Regenfällen- und zwar quasi von alleine. Ohne in ein Kissen zu prügeln oder sonstigen Stuss in der Richtung zu machen- denn das ist überhaupt nicht nötig und hilft auch nicht. Du machst eh gar nix. Du guckst. Und guckst und fühlst. Und hin und wieder fragst Du: Woran erinnert mich das? Womit hat das was zu tun? Nicht mehr, nicht weniger. Auf ne Art richtest Du Deine Aufmerksamkeit einfach nur neu aus. Vom vermeintlichen Akteur, wirst Du zum möglichst neutralen und möglichst fokussierten Beobachter.

Das heißt also nicht, dass du Dich von der Bühne in den Zuschauerraum setzt und die Show konsumierst. Nein, es ist eher so, dass Du den Verfolger- den Suchscheinwerfer bedienst- das ist Dein Job! Du wirst getriggert: Super, ab an den Verfolger! Jetzt spielt ein Stück Deines Lebens- Akteure sind egal bzw. erfüllen 'nur' die Aufgabe, Dir etwas zu zeigen. Es geht also um das Stück als solches. Und das ist in aller Regel verdammt alt und wurde auch schon zigmal aufgeführt- Du hast es nur noch nicht in Gänze kapiert. Das weiß ich, weil das Stück, sobald es vollständig kapiert und ergründet usw. wurde, direkt vom Spielplan verschwindet, für immer. Also, ab an den Suchscheinwerfer und Spot auf die Dramaturgie, die sich Dir offenbart- den roten Faden, aus Gefühlen, Erinnerungen, Überzeugungen, Glaubenssätzen und Gedöns. Die Dramaturgie wechselt, wie der Satz davor schon Nahe legt, die Ebenen. Es kann sogar auf die 'rein' körperliche Ebene wechseln- auf einmal zitterst Du am ganzen Leib und weißt nicht wieso, zum Beispiel. Der Verstand kann und muss das nicht kapieren- der Prozess selbst, der weiß was er da macht und bezweckt. Lass laufen und mach einfach Deinen Job am Verfolger.

 

 

 

Zu guter Letzt noch ein paar wichtige Hinweise:

  • Jedwede Konditionierung kann man so auflösen. Aber je tiefgreifender und schwerwiegender sie ist, umso anstrengender, schmerzhafter und auch langwieriger ist der Vorgang. Um das möglichst schnell aufzulösen: Versuch der Sache möglichst wenig im Weg zu stehen. Lass sie sich entfalten, ohne irgendwas ändern, verbessern, beschleunigen oder weg haben zu wollen. Nimm alles an, wie es ist, von Moment zu Moment. Jedweder Widerstand (gegen den Prozess) wird mit Extra-Runden 'bestraft'.

 

  • Eine tiefgehende Konditionierung ist wie ein geschliffener Diamant- sie hat mitunter extrem viele Facetten. Wundere Dich also nicht, wenn Du nach einmaligem Durchlaufen so einer Arbeit, Dein Thema doch nochmal aufgetischt bekommst. Schau in so einem Fall genau nach, ob Du leichte Unterschiede ausmachen kannst- z.B. in Deiner Reaktion auf den Trigger. So oder so: Sieh's pragmatisch. Hilft nix zu lamentieren, dass das Ding nochmal da ist- das heißt einfach nur, es wurde noch nicht vollständig aufgelöst. Widerstand an der Stelle wird alles nur noch weiter in die Länge ziehen- also Arsch hoch, ab an den Verfolger!

 

  • Für eher brachiale Knalltüten, wie ich selbst bin/war: Mach Dir klar, dass das der härteste Job der Welt ist! Es ist zwar auch der wichtigste- aber hilft ja nix, unterwegs drauf zu gehen, dabei, nech? Also sorge dafür, dass Du bestmöglich für den Job aufgestellt bist. Iss genug und gesund, schlafe ausreichend, gönn Dir Ruhe- das 'Übliche' halt, was jeder gute Hausarzt einem rät. Dazu sei noch angemerkt: Dieser ganze Entäußerungsvorgang kann echt krasse Symptome haben, bei manchen. Von Grippe-ähnlichen Symptomen, über krasse Erschöpfungszustände oder auch 'emotionalem Fasching' wo fast sekündlich die Stimmung wechselt ist alles mögliche drin. Grundsätzlich kann bei solchen und anderen Anzeichen aber auch mal eine ärztliche Abklärung sinnvoll sein. Hilft ja nix, wenn Du meinst, dass Du wegen 'Erwach(s)en' grad Auras siehst und kaum schläfst, Du in Wahrheit aber ne Manie, ne Psychose oder einen Hirntumor hast.

 

  • Mach Dir weiterhin klar, das Wichtigste bei dem ganzen Kehraus ist- natürlich!- Dein sogenanntes 'Innenleben'. Es ist grob gesagt, zunächst mal völlig Rille, ob und welche Konsequenzen das im und fürs 'Außen' haben wird. Also lass das scheiß Gedankenkarussel links liegen! Es geht nicht um die Frage, mit welcher Strategie Du Deiner Omma/Mutter/Busenfreundin jetzt doch endlich mal Anerkennung aus den Rippen leiern könntest- es geht darum, Dich von Diesem Gefall-Zwang (u.v.m.) zu befreien. Es geht schlussendlich um Deine Befreiung von all diesem Unsinn! Und Deine Befreiung wird, das kann ich garantieren, sowieso zwangsläufig Konsequenzen haben. Die musst Du aber nicht 'machen' oder irgendwie herbeiführen, mit irgendnem Plan aus der Frontal-Lappen-Schmiede! Du kümmer Dich einzig und allein um Deinen Prozess- and the rest will follow! Denn wenn Du, als kleine Rädchen, auf einmal anfängst, Dich andersrum zu drehen, muss das Dich umgebende System sich dazu verhalten und es muss sich anders verhalten, weil die alten Strategien, Dich klein zu halten nicht mehr greifen. Ganz einfach und logisch.

 

In einer Sitzung mit einem Auftraggeber kamen wir neulich darauf, dass es so ist, dass vormals 'echte' Patronen, die richtig weh taten, wenn sie einschlugen, auf einmal Platzpatronen sind. Vielleicht erinnerst Du Dich an die Szene in Pulp Fiction, wo Samuel L. Jackson und John Travolta den ominösen Koffer in der Kleinganovenbude abholen wollen und einen der Kleinganoven übersehen haben. Dieser kommt überraschend aus dem Bad und ballert wild auf die beiden los- sie bleiben aber stehen. Und sie drehn sich zur Wand um. Und hinter ihnen sind Einschusslöcher in der Wand, die klar zeigen, das sie nach allen Regeln der Vernunft eigentlich mausetot sein müssten. Sindse aber nich- ätsch! Und sie selbst staunen darüber am meisten. Und es wundert mich nicht, dass Samuel L. Jackson daraufhin beginnt an Gott zu glauben. Denn es fühlt sich wirklich magisch an, wie ein kleines Wunder- oder auch ein großes, je nachdem. Der Tag, an dem Du zum 1 Mio.sten Mal von Deinem Vadder, Chef, Ortsbullen, Prof. oder weiß der Zwerg wem blöd angemacht wirst und es passiert: Gar nichts. Die Attacke geht einfach durch Dich durch! Du weißt aber noch ganz genau, wie es war, als sie Dich noch treffen konnte. Sowieso: Bis eben gerade, warst Du fest davon ausgegangen, dass es Dich wieder treffen würde- Du kanntest es ja nie anders.

Und auf einmal geschieht: Nichts.

Du fühlst quasi die Lücke, an der vor Kurzem noch etwas war- ja vermuteterweise bis eben noch etwas hätte  sein müssen, was davon getroffen worden wäre. Und dann kannst Du lächelnd das Paket zurück gehen lassen, Empfänger unbekannt verzogen. Und das war's dann auch damit. Fertig.

Aber das Wunder geht meistens noch weiter: Denn am andern Ende der Leitung macht es pffff. Die Luft geht raus. Der Angreifende hat keine Handhabe mehr parat. Du hast Dich sozusagen außerhalb des bis dato bekannten Regelwerks begeben- und das macht den 'Gegenspieler' meist ratlos. Bis eben noch wart Ihr sozusagen Tanzpartner, alle Schritte waren gut eingeübt und es lief wie geschmiert, Eure leidvolle Choreographie.

Und auf einmal machst Du nen völlig neuen Move. In aller Regel bleibt der Tanzpartner dann erstmal verdutzt stehn. Manchmal strauchelt er und fällt. Tritt in dem Fall nicht nach, sondern hilf ihm auf, wenn es die Umstände zulassen. Vielleicht versucht der Tanzpartner auch mehrfach wieder die alten Schritte an Dich ranzuwemsen- ich will's nicht ausschließen- aber is mir noch nicht passiert, bisher. Was mir hingegen schon erfreulich oft begegnet ist, ist das nach der initialen Verdutztheit darüber, mit dem Maskenball-Scheiß nicht mehr andocken zu können, eine Anpassung an die neuen Gegebenheiten stattfindet- ganz ohne große Worte oder Gesten. Und das ist dann für alle Beteiligten in der Regel wirklich ein Zugewinn.

 

 

 

Also, lieber lesender Mensch, fang an. Klapp Dein Visier hoch und guck erstmal selbst dahinter. Räum auf, befrei Dich- und Du leistest damit ganz nebenbei einen Beitrag dazu, Deine Mitmenschen zu befreien. Erwachen nicht ausgeschlossen. Erwachsen werden garantiert!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Kommentare: 10
  • #1

    Simon (Dienstag, 13 Dezember 2016 22:10)

    Bombe!!

  • #2

    Andreas (Donnerstag, 15 Dezember 2016 22:42)

    Was soll man mehr sagen als:
    EXAKT AUF DEN PUNKT!

  • #3

    Egobuster (Donnerstag, 15 Dezember 2016 23:29)

    vielen lieben Dank Euch!

    <3

  • #4

    Bianca (Samstag, 17 Dezember 2016 07:43)

    Hallo Verena, Bodo Delitz sagt in seinem aktuellen Halbwahrheitenbuch das wir garnix durchfühlen brauchen?Was sagst du dazu?lg

    Bianca

  • #5

    Egobuster (Samstag, 17 Dezember 2016 15:01)

    Hi Bianca,

    ich beantworte generell keine 'Was sagst Du zu dem und dem Lehrer'-Fragen- schon gar nicht, wenn ich denjenigen gar nicht kenne. einzig entscheidend ist, was DU sagst, findest usw. Und um zu Deiner Einschätzung zu kommen, hilft es nicht, mich zu fragen. ;-)

  • #6

    Majon (Montag, 19 Dezember 2016 20:16)

    Verena, du bist immer ne Freude ☺

  • #7

    Egobuster (Montag, 19 Dezember 2016 23:02)

    Hihi- das einen Freud, des andren Leid ;-)

    Scherz beiseite: Herzlichen Dank!

  • #8

    AJay (Sonntag, 25 Dezember 2016 20:57)

    Hi,bin zufällig hier gelandet über Pöhms Seite und dieser Artikel...Mega auf den Punkt gebracht!!!Danke dafür!Frohes Fest und auf bald
    Attila

  • #9

    Egobuster (Montag, 26 Dezember 2016 15:19)

    Hi Attila!
    Vielen Dank und ebenfalls ein frohes Fest!
    :-)

  • #10

    Peter (Mittwoch, 13 September 2017 16:21)

    Danke, echt verdammt klar auf den Punkt gebracht.
    Ich schätze, ich hab mir in meinem nicht mehr ganz so jungen Leben schon die Finger wund geschrieben zu dem Thema, aber so klar hab ich's nicht hinbekommen. :-)